Tauchen bis die Luft wegbleibt

Lulu Stahlberg aus Tübingen hat sich bei Freedivern etabliert

Eigentlich war die Tübingerin Lulu Stahlberg eine Späteinsteigerin im Freediving und Apnoetauchen – jetzt holte sie bei den Deutschen Meisterschaften gleich vier Medaillen.

14.12.2022

Lulu Stahlberg konzentriert sich vor dem Start ins Nass bei der Deutschen Meisterschaft in Leipzig. Bild: Privat

Lulu Stahlberg konzentriert sich vor dem Start ins Nass bei der Deutschen Meisterschaft in Leipzig. Bild: Privat

Anfang Dezember fanden in Leipzig die Deutschen Poolmeisterschaften im Apnoetauchen statt. „Apnoe“ bedeutet Atemstillstand. Ohne Druckluftflasche tauchen die Sportler in Tiefen von mehr als 200 Metern. Eine unvorstellbare Leistung, die medizinisch nicht zu erklären ist – denn normalerweise ist der Mensch ohne Hilfsmittel in solchen Tiefen nicht überlebensfähig.

Bei den Deutschen Meisterschaften in dieser Sportart ging Stahlberg von vier angebotenen Disziplinen gleich mal an dreien an den Start. Und sie schaffte es auch drei Mal auf das Podest. Vor ihrem ersten Start in DNF (Dynamic / Dynamic No Fins), also Tauchen ohne Flossen, coachte sie noch Tauchpartnerin Johanna Hübner. In dieser Disziplin erreichte die Siegerin Heike Schwerdtner sagenhafte 8:13 Minuten tauchen ohne Luftholen. Das war Deutscher Rekord und hatte Weltklasseniveau. Hübner holte Silber in 6:13.

Hauptsache Erfahrung

Stahlberg ging zunächst mal ohne die ganz großen Erwartungen an den Start. Zum einen fehlte ihr als „Quereinsteigerin“ noch die große Erfahrung, zum anderen lag eine Corona-Infektion erst vier Wochen zurück – und das hieß, dass sie eine Trainingspause eingelegt hatte. Ihr Trainer Thomas Plum riet ihr trotzdem zum Mitmachen: „Da kann man Erfahrungen für die Zukunft sammeln.“ Klar, dass sie bei ihrem ersten Start im DNF mächtig aufgeregt war. Bei einer richtig guten Leistung, das wusste sie, konnte sie auf das Podest kommen. Und so gelangen ihr bärenstarke 105 Meter Tauchen ohne Flossen – das bedeutete Silber hinter Schwerdtner, die 130 Meter schaffte.

In der Disziplin Dynamik trat sie als einzige ohne Monoflossen an: „Die sind mir aktuell zu teuer. Die kosten um die 1000 Euro.“ Also benutzte sie normale Flossen mit Delfinkicktechnik, wie man das nennt – und holte Bronze.

Bei der Disziplin Bifins – das bedeutet Flossentauchen mit Kraul-Beinschlag – kam sie mit 126 Meter ebenfalls auf den Bronzerang. Hier war Schwerdtner eingebrochen, sie schaffte nur 87 Meter. „Sie war noch platt von ihrer Superleistung zuvor“, meinte Stahlberg. Mit diesen Ergebnissen im Rücken kann Stahlberg nun für die nächste Saison in aller Ruhe planen.

Die nächste Saison

Als erstes stehen die nächsten deutschen Meisterschaften im Frühjahr 2023 in Chemnitz vor der Tür. „Wenn ich mich da steigern kann, dann denke ich über die kommenden Weltmeisterschaften in Kuweit im Mai nach.“ Davor gibt es – „und darauf freue ich mich riesig“ – ein Trainingslager mit der Nationalmannschaft im April. Zu Ferienbeginn wird aber erst mal wieder abgetaucht auf bis zu 40 Metern Tiefe im tiefsten Tauchturm Europas in Italien. „Das ist wie eine Reise zu einem selbst“ – sagt Stahlberg.

Die Voraussetzungen für das Talent in der Sportart setzen sich aus unterschiedlichen Fähigkeiten zusammen. So war Stahlberg immer eine begeisterte Schwimmerin, sie ist Triathletin, Radlerin – und sie ist Saxofonspielerin. „Das kommt den Lungen zugute“, sagt sie lachend. Ihr Wunsch sei es übrigens schon immer gewesen, mit dem Freitauchen anzufangen, „seit ich den Film „Le grand Bleu“ gesehen habe.“ Aber vor 30 Jahren – als der Film herauskam – habe es kaum Trainingsmöglichkeiten gegeben. So sei sie halt Leistungssport-Schwimmerin geworden und Gerätetaucherin. Doch dann, im Juni dieses Jahres, habe sie im Urlaub auf Gozo einen Freedive-Kurs gemacht. „Da war klar – das ist mein Ding“, erzählt sie, „gleich morgens gehört Luftanhalten inzwischen zur Aufstehroutine.“ Bei ihrer Familie findet das Anklang: „Das sind alles Sportler.“ Werner Bauknecht

Was ist Freediving?

Beim Freediving unterscheidet man zwischen Zeittauchen, Streckentauchen und Tieftauchen. Tatsächlich gibt es sogar acht verschiedene Disziplinen. Sechs davon werden auch im Wettkampf betrieben.

Es gibt STA (Static) – Zeittauchen: In dieser Disziplin geht es darum, möglichst lange unter Wasser zu bleiben.

Den Weltrekord im Zeittauchen (11 Minuten 35 Sekunden) hält der Franzose Stéphane Mifsud. Seine Lungenkapazität beträgt 10,5 Liter und ist somit doppelt so groß wie die eines durchschnittlichen Menschen.

Und dann gibt es noch DYN / DNF (Dynamic / Dynamic No Fins) – Streckentauchen.

Dabei kann bei Dynamik mit oder ohne Flossen auf Strecke getaucht werden.

Dazu kommen noch vier weitere Disziplinen, bei denen in die Tiefe getaucht wird, jeweils mit oder ohne Hilfsmittel wie zum Beispiel Gewichte.

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Erstellt:
14.12.2022, 01:00 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 14.12.2022, 01:00 Uhr

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