Jesus macht Schule

Uwe Stamer setzt auf digitale Religionspädagogik

Von der Auferstehung über die Bergpredigt bis zur Botschaft vom Reich Gottes reicht das breite Themenspektrum über Jesus Christus, das Uwe Stamer mit seinen digitalen Unterrichtsmaterialien zum Religionsunterricht für die Sekundarstufe II abdeckt. Wir sprachen mit dem 73-jährigen evangelischen Religionspädagogen aus Dettenhausen über eine zeitgemäße Vermittlung christlicher Positionen in der Schule (siehe auch nebenstehenden Kommentar).

21.02.2018

Von Stefan Zibulla

Uwe Stamer beim Studium der BasisBibel. Sein digitales Hilfsmittel für den Religionsunterricht gibt es im Internet unter der Adressewww.stamer-religionsunterricht-sek.2.de.  Bild: Zibulla

Uwe Stamer beim Studium der BasisBibel. Sein digitales Hilfsmittel für den Religionsunterricht gibt es im Internet unter der Adresse www.stamer-religionsunterricht-sek.2.de. Bild: Zibulla

TAGBLATT ANZEIGER: Sie haben bereits mehrere Bücher veröffentlicht. Warum publizieren Sie jetzt in digitaler Form?

Uwe Stamer: Religionspädagogen haben auf meiner Homepage die Auswahl zwischen 18 verschiedenen Unterrichtsmodulen. Statt ein ganzes Buch kaufen zu müssen, können sie die Themen erwerben, die sie für ihren Unterricht benötigen. Die Arbeitsblätter für die Schüler lassen sich bequem vervielfältigen. Lehrer stehen heute unter starkem Zeitdruck und sind deshalb häufig auf pädagogisch aufbereitete und sachlich fundierte Unterrichtsmaterialien angewiesen. Zudem handelt es sich bei der digitalen Wissensvermittlung um eine zukunftsorientierte Form der Didaktik. Viele Schulen verfügen mittlerweile über eine gute Ausstattung mit Computern.

Welches pädagogische Ziel verfolgen Sie mit Ihrer Homepage?

Unsere Gesellschaft zeichnet sich partiell durch eine bisweilen blamable Unkenntnis über die Grundlagen des Christentums und damit auch unserer abendländischen Kultur aus. Ich will mit meinem digitalen Angebot dazu beitragen, das Interesse am Fach Religion wieder neu zu beleben. Und ich will mit sachlicher Aufklärung zum Teil tief verwurzelte Vorurteile widerlegen. Etwa, dass Jesus frauenfeindlich gewesen sei oder dass „die Juden“ für seinen Tod verantwortlich sind. Die Reflexionen über Themen wie „Wunder“ oder „Jungfrauengeburt“ sollen den Schülern helfen, sich eine moderne christliche Glaubensposition zu erarbeiten, die von Vertrauen und Vernunft geprägt ist.

Inwieweit fließen Ihre eigenen Erfahrungen als Religionslehrer in dieses Projekt ein?

Die Module sollen die Schüler zur selbstständigen Auseinandersetzung mit den Texten des Neuen Testaments anregen. Die Lehrer sollen dabei auch offen für kritische Positionen ihrer Schüler sein. Ich selbst habe mit solchen Methoden als Religionslehrer gute Erfahrungen gemacht. Beispielsweise haben meine Schüler Kurzfilme mit Interviews zu religiösen Themen gedreht. Ich habe mit ihnen die Synagoge in Stuttgart oder das Kloster in Neresheim besucht. Dabei konnten sie Erfahrungen machen, die nachhaltiger wirken als die theoretische Vermittlung von Glaubenssätzen. Als Religionslehrer steht man vor der Herausforderung, das Desinteresse am Thema, das manche Schüler während des Unterrichts auch demonstrativ zeigen, zu überwinden. Diese Haltung resultiert nicht selten aus der Vorstellung, das Christentum predige einen asketischen Lebensstil ohne jeden Bezug zu irdischen Freuden. Viele meiner Schüler waren deshalb überrascht, als ich ihnen erklärt habe, dass Jesus auch gerne mal ein Viertele getrunken hat.

Aber sind nicht gerade junge Menschen an den existenziellen Sinnfragen interessiert?

Diese Erfahrung habe ich oft gemacht. Ich erinnere mich an eine islamische Schülerin, die – als eingeladener Gast – sehr offen über ihren religiös begründeten Standpunkt zur Sexualität gesprochen hat. Und eine andere Schülerin hat vor der Klasse eindrucksvoll vom Tod ihrer Mutter erzählt. Offensichtlich hat ihr das geholfen, dieses traumatische Erlebnis zu verarbeiten. Junge Menschen verlieren aber schnell das Interesse am christlichen Glauben, wenn sie beispielsweise Medienberichte über sexuellen Missbrauch durch Geistliche unreflektiert mit der biblischen Wahrheit gleichsetzen. Aufgabe des Religionsunterrichtes ist es deshalb, das differenzierte Denken zu fördern und eine Trennlinie zwischen der christlichen Botschaft und zum Beispiel schlimmen Auswüchsen der kirchlichen Praxis zu ziehen.

Wie sieht der Religionsunterricht der Zukunft aus?

Der Religionsunterricht muss den Glauben an Jesus Christus verkünden. Er muss aber auch den interreligiösen Dialog fördern und beispielsweise deutlich machen, dass der Islam im Grundsatz eine friedliche Religion und nicht jeder Moslem ein Terrorist ist. Ich beobachte in unserer Gesellschaft einen wachsenden Bedarf an Informationen zu geistlichen Themen. Das ist eine große Chance für den Religionsunterricht.

Fragen von Stefan Zibulla

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Erstellt:
21.02.2018, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 44sec
zuletzt aktualisiert: 21.02.2018, 01:00 Uhr

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