Vor em Mai chum i nitt

Man muss den Mai nehmen wie er kommt: So lautet eine alte Bauernweisheit. Man hat ihn zwar zum Wonnemonat erkoren, aber er „hat den Reif noch hinter den Ohren“, denn „der Mai ist so verweechen und setzt noch ein Schneechen.“

Aber „die erste Liebe und der Mai gehen selten ohne Frost vorbei“ und „Des Maien Mitte hat für den Winter noch eine Hütte“.

Und tatsächlich müssen wir uns vom 11. bis zum 15. Mai – zur Eisheiligenzeit – vor eiskalten Nächten fürchten. Kaltlufteinbrüche aus den polaren Breiten sind für diese Wetterlage verantwortlich und empfindliche Pflanzen sollten erst nach dieser Zeit ins Freie gesetzt werden. Neben den gestrengen Herren Mamertus (11. Mai), Pankratius (12.), Servatius (13.) und Bonifatius (14.) wird auch die „kalte Sofie“ am 15. Mai sehr gefürchtet: „Vor Nachtfrost du nicht sicher bist, bevor Sophie vorüber ist.“

Der Mai ist natürlich für die Mailänder der schönste Monat im Jahr und in der Schweiz gibt es ein reizendes Sprichwort: „Du magst pressieren, wie de witt – vor em Mai chum i nitt, sagt der Frühling“. Erst im Maimonat hängt Gott den Blütenkranz um Feld und Haus und er bringt wahre Wunderkraft mit. Die Ostfriesen haben diese ziemlich genau ausgerechnet: „Der Mai deit meer in eene Nacht, als de Februar in twintig und acht“. Mag er sich noch so zieren, „es ist kein Mai ein solcher Wicht – er bringt uns Blüt‘ und Sonnenlicht“. Aber es soll auch nicht immerzu die Sonne vom Himmel lachen, denn „Mai ohne Regen, fehlt‘s allerwegen“. Und die kleinen Mädchen und Buben laufen lachend nach draußen, wenn die Maiwolken ihre Schleusen öffnen und rufen vergnügt: „Mairegen, mach‘ mich groß – ich bin noch ein so kleiner Stumpen!“

Die Zeit der Jugend ist im Volksmund auch des „Lebens Mai“ und im Volksglauben gilt dieser Monat als Beginn der Sommerzeit. Er ist der erste Monat ohne den Buchstaben „r“ in seinem Namen, und erst jetzt darf man barfuß laufen und sich ungeschützt auf den Boden setzen.