Der Kommentar

Wo steht die Bergpredigt?

21.02.2018

Von Stefan Zibulla

Anfang der 80er-Jahre musste ich meinen Antrag auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer bis zur dritten Instanz durchfechten. Als Vorbereitung auf diesen Gewissens-TÜV besuchte ich eine Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht in Stuttgart. Dabei musste ein Biologiestudent begründen, warum er die Bundesrepublik nicht mit der Waffe vor der angeblichen Bedrohung aus dem Osten verteidigen wollte. Er berief sich zunächst auf Mahatma Gandhi und dessen Konzept des gewaltlosen Widerstands sowie auf eine hohe Achtung vor dem Leben, die auch die Wahl seines Studienfachs beeinflusst habe. Als er dann auch das Christentum als Grund für seine Entscheidung gegen die Bundeswehr ins Gespräch brachte, hakte das Gericht nach und wollte mehr wissen. „Wegen der Bergpredigt“, erklärte der Student in etwas verlegenem Tonfall. „Wo steht denn die Bergpredigt?“, fragte einer der Richter. „In der Bibel“, antwortete der junge Mann nach einer langen Pause. Die Richter hatten Mühe, das Grinsen aus den Gesichtern zu bekommen. Die Stimmung im Saal war gelöst und der angehende Biologe wurde trotz seiner ausbaufähigen Bibelkenntnis als Kriegsdienstverweigerer anerkannt.

Der Kalte Krieg ist zum Glück genauso Geschichte wie die allgemeine Wehrpflicht in Deutschland. Aber dass heute mehr Studenten als vor 30 Jahren wissen, wo die Bergpredigt steht, kann bezweifelt werden. Auch wenn sich in der aktuellen Jugendstudie Baden-Württemberg, die vom Kultusministerium gefördert wurde, fast 70 Prozent der Befragten als religiös bezeichnen.

Vor dem Hintergrund des islamistisch motivierten Terrorismus weicht die lange Zeit als Toleranz verklärte Gleichgültigkeit dem Bedürfnis nach einer klaren Standortbestimmung in religiösen Fragen. Doch damit diese Positionierung nicht nur auf Bauchgefühlen und Vorurteilen basiert, sind zumindest ein paar Grundkenntnisse über die Weltreligionen und das Christentum hilfreich. Und damit Sie nicht erst lange suchen müssen: Die Bergpredigt steht in Matthäus 5 bis 7.

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Erstellt:
21.02.2018, 01:00 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 21.02.2018, 01:00 Uhr

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